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Inhalt Kap. 1 Kap. 2 Kap. 3 Kap. 4 Kap. 5 Kap. 6 Kap. 7 Kap. 8 Kap. 9 Literatur

Vorlesung Chemie der Metalle

9. Übergangsmetalle II

IV. Nebengruppe/4. Gruppe/Titan-Gruppe


alte Nomenklatur: (Link) III. NG IV. NG V. NG VI. NG VII. NG VIII. NG I. NG II. NG
neue Nomenklatur: 3. Gr. 4. Gr. 5. Gr. 6. Gr. 7. Gr. 8. Gr. 9. Gr. 10. Gr. 11. Gr. 12. Gr.
3d Sc Ti V Cr Mn Fe Co Ni Cu Zn
4d Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd Ag Cd
5d La Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg

Unterkapitel:


Allgemeines, Oxidationsstufen

Zur IV. Nebengruppe, 4. Gruppe oder Titan-Gruppe gehören die Elemente Titan (Ti), Zirkonium (Zr) und Hafnium (Hf). Ihre allgemeine Elektronen-Konfiguration ist d2s2, woraus sich die bevorzugte und gleichzeitig maximale Oxidationsstufe zu +4 ergibt. Innerhalb der Gruppe beobachtet man die für die Nebengruppen typische Variation der Oxidationsstufe, die höheren Oxidationsstufen (hier +4) werden mit wachsender Ordnungszahl beständiger. Diese Tendenz ist damit genau umgekehrt wie bei den Hauptgruppen. Konkret bedeutet dies für die Elemente der 4./IV. Gruppe: Da sich damit die Chemie von Titan etwas von der der schwereren Homologe unterscheidet, wird Titan separat, Zirkonium und Hafnium gemeinsam besprochen.

Titan

Allgemeines, Oxidationsstufen

Titan kann - neben der wichtigsten Oxidationsstufe +IV - auch drei- und zweiwertig vorliegen. Die Oxidationsstufe +II tritt dabei vor allem im Festkörper, z.B. in den salzartigen Halogeniden TiX2 und in TiO auf. Titan(IV), d.h. Titan in seiner stabilsten Oxidationsstufe, weist Ähnlichkeiten mit Silicium, Germanium oder Zinn, jeweils bei gleicher Oxidationszahl von +IV, auf. Es liegt in i.A. oktaedrisch (Koordinationszahl 6), gelegentlich auch tetraedrisch (CN=4) koordiniert vor. Bei Bindungspartnern mit großer Elektronegativität haben Ti(IV)-Verbindungen auch kovalenten Bindungscharakter, vgl. z.B. TiCl4. Neben +IV, +III und +II gibt es auch einige wenige Beispiele für Ti in sehr niedrigen Oxidationsstufen. Z.B. kennt man die Trisbipyridin-Komplexe des Typs [Ti(bipy)3]-1/0, in denen Titan 0 bzw. -1 vorliegt, sowie das Carbonylat [Ti(CO)6]2- mit Ti mit der Oxidationsstufe -2. D.h. diese oktaedrischen Komplexe mit Titan in niedriger Oxidationsstufe werden bevorzugt mit π-Akzeptor-Liganden ausgebildet.

Ti(IV)-Verbindungen (d0-Ionen) sind farblos, Ti(III)- und Ti(II)-Verbindungen gefärbt.

Element: Vorkommen, Eigenschaften, Gewinnung, Verwendung

Vorkommen: Titan kommt kommt in der Natur nur in Verbindungen vor. Es ist zwar ein relativ häufiges Element, kommt jedoch stark verteilt vor. Die drei wichtigsten Titanerze, die meist rötlich bis schwarz sind, sind ...
Rutil-Kristall Brookit
alle drei Formen von TiO2
Abb. 9.4.1. Modifikationen von TiO2 als Minerale
Darstellung: Titan kann aufgrund der Bildung des sehr stabilen Carbids TiC nicht durch Reduktion mit Kohlenstoff erhalten werden. Die Reduktion des Dioxids (z.B. mit Wasserstoff) führt i.A. zu verschiedenen reduzierte Oxidotitanaten (s.u.).
Daher erfolgt die Darstellung elementaren Titans immer über die Halogenide wie z.B. TiCl4. Bei der technischen Herstellung sind folgende Teischritte erforderlich:
  1. Umsetzung von Titandioxid mit Chlor und Kohlenstoff (sog. Carbochlorierung) gemäß
    TiO2 + 2 Cl2 + 2 C ⟶ TiCl4 + 2 CO
    bei 800 bis 1200 oC.
  2. Reinigung des Titantetrachlorids durch Destillation.
  3. Reduktion mit Magnesium bei 850 oC nach dem Kroll-Verfahren:
    TiCl4 + 2 Mg ⟶ Ti + 2 MgCl2
    Das bei dieser Reduktion gebildete MgCl2 ist flüssig und kann daher abgestochen werden.
  4. Alternativ kann die Reduktion auch mit CaH2 oder Natrium (Hunter-Verfahren) durchgeführt werden:
    TiCl4 + 4 Na ⟶ Ti + 4 NaCl
Zur Gewinnung sehr reinen Titans wird nach dem van Arkel-Verfahren über einen chemischen Transport des Tetraiodids von 600 nach 1200 oC erhalten:
TiI4 ⇌ Ti + 2 I2
Praktisch wird hierzu ein Gemisch aus Titan und Iod in einer Röhre erhitzen und das gereinigte Titan schlägt sich an einem heissen W-Draht nieder.
9.4.2. Titan-Blech
Eigenschaften, Strukturen: Titan (s. Abb. 9.4.2.) hat mit 1677oC einen sehr hohen Schmelzpunkt. Es ist silberweiss und ein guter elektrischer Leiter mit einer spezifischen Leitfähigkeit von 104 Ω-1m-1. Es kristallisiert in der hexagonal dichten Kugelpackung, oberhalb 882oC geht es in eine kubisch innenzentriert Packung über. Titan ist mit einem Normalpotential von E0(Ti/Ti2+) von -1.63 V recht elektropositiv und unedel. Eine Schutzschicht, die im Fall von Titan aus dem Oxid und/oder Nitrid, bei Zirkonium nur aus dem Oxid ZrO2 besteht, schützt es vor dem weiteren Angriff von Luftsauerstoff. Bei 25 atm O2 verbrennt Titan, weil es schmilzt und damit Diffusion durch die Oxidschicht möglich ist. Metallisches Titan hat eine Dichte von nur 4.5 g/cm3 und ist damit ein leichter, sehr korrosionsbeständiger metallischer Werkstoff. Es wird als solches verwendet. Zirkonium hat dagegen eine Dichte von 6.5 g/cm3 und wird als Metall in der Kerntechnik verwendet.

Titan in wässriger Lösung (vgl. Analytik)

Je nach Oxidationsstufe liegt Titan in wässriger Lösung in Form unterschiedlicher Spezies vor:

Titan-Hydride

TiH4 (analog zu SiH4) ist unbekannt. Man kennt jedoch interstitielle Hydride z.B. TiH2, bei denen Wasserstoff in das Gitter von metallischem Titan eingelagert ist.

Titan-Halogenide und Komplexverbindungen

Die Halogenide (allgemeine Übersicht s. auch Kap. 8.4.) werden wieder nach Oxidationsstufen getrennt besprochen:

Titan-Oxide

Im binären System Titan-Sauerstoff (allgemeine Übersicht zu den Übergangs-Metalloxiden s. Kap. 8.5.) gibt eine große Vielfalt an Verbindungen, s. Abb. 9.4.5.
Abb. 9.4.5. Verbindungen zwischen elementarem Titan und TiO2
Die wichtigsten, wieder nach Oxidationsstufen getrennt, sind: Neben den reinen Oxiden sind verschiedene Oxidotitanate wichtige Materialien der Elektrotechnik. Am bekanntesten sind die Oxidotitanate der Erdalkalimetalle, die sog. Perowskite AIITiO3 mit einer sehr einfachen kubischen Struktur. Diese ist jedoch meist (tetragonal oder rhomboedrisch) verzerrt, woraus dann erst die piezoelektrischen Eigenschaften dieser Materialien resultieren. Praktisch besonders wichtig sind dabei auch die entsprechenden Pb(II)-Salze sowie die Mischkristalle mit Ti und Zr (Pb(Ti/Zr)O3 = Bleizirkonattitanat = PZT).

Titan in Hartstoffen

TiN, TiC und TiB sind interstitielle feste Lösungen mit variabler Stöchiometrie und technisch sehr wichtige Hartstoffe.

Metallorganische Verbindungen

Wichtige metallorganische Verbindungen von Titan sind:
9.4.9. 'Titanocen'

Zirkonium und Hafnium

Aufgrund der Lanthanoidenkontraktion haben die vierwertigen Kationen von Zirkonium und Hafnium den gleicher Radius. Die technische Darstellung von Hafnium-freiem Zirkonium ist in großen Mengen daher schwierig. Heute werden die Ionen über Extraktionsverfahren mit Ionenaustauschern voneinander getrennt, früher wurden fraktionierte Kristallisationen der Hexafluoridometallate K2[MF6] durchgeführt. Zirkonium hat einen niedrigen Einfangquerschnitt für Neutronen und ist daher in der Kerntechnik interessant.

In der Natur kommt Zirkonium vor allem im Zirkon, ZrSiO4, vor (Abb. 9.4.10).
9.4.10. Zirkon

Das Element läßt sich nach dem van-Arkel-Verfahren gewinnen und reinigen. Verwendung findet Zirkonium in Legierungen. Zirkalloy mit Zr-Gehalten > 90 % wird in der Kerntechnik verwendet. Es dient als Getter in Glühlampen zur Beseitigung von O2.

Das Dioxid heisst 'Zirkonia' und wird als Weiß-Pigment für Porzellan oder in keramischer Form als Tiegel (s. Abb. 9.4.11. links) eingesetzt. Wird ZrO2 auf 1000oC erhitzt, dann strahlt es ein helles weiße Licht aus (Nernst-Lampe).
Zirkonia-Keramik, z.B. für Tiegel kubisches Zirkonia (CZ), Diamant-'Imitat' (synthetischer Edelstein)
9.4.11. Fotos von 'Zirkonia'.
Mit CaO oder Y2O3 kann die kubische Form von ZrO2 (CaF2-Struktur) stabilisiert werden, die bei Normalbedingungen nur metastabil ist. Stabil ist die sog. Baddeleyit-Struktur. Abbildung 9.4.12. zeigt die enge Verwandtschaft der beiden polymorphen Formen von ZrO2.
9.4.12. Strukturen der beiden Formen von ZrO2
Einkristalle von 'kubischem Zirkonia' (CZ) können nach dem sog. 'Skull-Melting'-Verfahren hergestellt werden und werden als 'Diamant-Imitat' im Schmuck-Bereich vielfachst verwendet (CZ=cubic zirconia, s. Abb. 9.4.11. rechts). Diese Anwendung basiert auf dem hohen Brechungsindex, der grossen Härte und dem hohen Schmelzpunkt von ZrO2. Nur die Dichte weicht sehr deutlich von der von Diamant ab. Ausser dem Preisvorteil hat ZrO2 als Diamantimitat aber den Vorteil, dass er nicht verbrennen kann und dass man durch Substitution der Kationenplätze heute praktisch alle Farben gezielt erzeugen kann.

Auch bei den auf Zirkon (Zr-Silicat: ZrSiO4) basierenden Hochtemperaturpigmenten (z.B. für Keramik) lassen sich die Farben durch unterschiedliche Subsitutionen erreichen (s. Ab.. 9.4.13.).
Zirkon-Blau: VIV auf Si-Plätzen Zirkon-Gelb: PrIV auf Zr-Plätzen
9.4.13. Zirkon-Silicat-Pigmente

ZrO2 und HfO2 sind basische Oxide, die ausgehend vom Oxidchlorid erhalten werden können:

ZrOCl + 2 NH3 + H2O ⟶ ZrO2 2 NH4Cl
In NaOH-Schmelzen lassen sich Zirkonate wie Na2ZrO3 und Na4ZrO4 herhalten, die in Wasser hydrolysieren. Zr-Phosphat (Zr(HPO4)2 ?) als anorganischer Ionenaustauscher. andere Verbindungen mit Ionenaustauschereigenschaften: Zirkoniumoxid-hydrat, Titanphosphat Andere schwerlösliche Verbindungen von Zr sind Zr(C2O4)2 und Zr(CO3)2:
ZrOCl2 + 2 (NH4)2CO3 ⟶ Zr(CO3)2 + 2 NH4Cl + 2 NH3 + H2O
Zr(CO3)2 + (NH4)2CO3 ⟶ (NH4)2[Zr(CO3)3]
Zr bildet einen Farblack mit Alizarin (ähnlich wie Al). Mit Fluorid bildet Zr(IV) den sehr stabilen Komplex [ZrF7]3- mit der seltenen Koordinationszahl 7, mit Chlorid ist dagegen der oktaedrische Komplex [ZrCl6]2- stabil.

Das Element Hafnium wurde von Georg von Hevesy (in Freiburg von 1931-1933) mit Hilfe der Röntgenfluoreszenz entdeckt!

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