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Inhalt Einleitung I. Spektroskopie II. Beugung III. Bildgebung IV. Sonstige Methoden
Vorlesung: Methoden der Anorganischen Chemie

I. Spektroskopische Methoden

2. Elektronenspektren I (UV/VIS)


Vorlagen


Kapitelunterteilung

Der Abschnitt Elektronenspektren I (UV/VIS-Bereich) umfasst die folgenden Unterkapitel:
  1. Allgemeines und Apparatives
  2. Atomspektren (vgl. PC-II), weiter gegliedert in:
  3. Spektren und Farbigkeit von Komplexverbindungen (d-d-Übergänge, weitere Übergänge)
  4. Band-Band-Übergänge in Festkörpern
Hinweis für das WS 07/08: Die Kapitel 2 (Überschneidung mit PC) und 3 (Überschneidung mit Koordinationschemie) werden aus Zeitgründen nicht in der Vorlesung besprochen!

1. Allgemeines und Apparatives

Energiebereiche
Der Energiebereich der Spektroskopie im UV/VIS-Bereich ist, ausgedrückt in unterschiedlichen Einheiten:
Abb. I.2.1. Energiebereich der sichtbaren Spektroskopie ‣ SVG
Die Tabelle I.2.1. enthält nochmals einige ausgewählte Energien im UV/VIS-Bereich als exakte Zahlen in den verschiedenen Einheiten.

Tab. I.2.1. Energien in verschiedenen Einheiten im UV/VIS-Bereich
λ ν Energie Farbe Komplementär-
[nm] [cm-1] [kJ/mol] [eV] . -farbe
780 12 821 153.4 1.59 IR-Bereich
680-700 rot/violett grün
610-680 rot blau/grün
595-610 orange grün/blau
546 18 315 219.2 2.27
500-560 grün rot/violett
490-500 blau/grün rot
480-490 grün/blau orange
435-480 blau gelb
435 22936 274.5 2.84
400-435 violett gelb/grün
365 27 397 327.8 3.40 UV-Bereich
313 31 949 382.1 3.96
253.7 39 417 471.7 4.89
200 50 000 598.3 6.2
109 678 13.596

Apparatives
UV/VIS-Spektroskopie kann sowohl im Emission als auch in Absorption betrieben werden:
Bei Emissionsmessungen ist die Probe selber die Quelle, bekannt sind z.B. die Messung der einfachen Atomspektren von Lithium, Natrium usw. bei der Flammenfotometrie.
Seltener werden Absorptionsmessungen durchgeführt, bei denen als Quellen im VIS-Bereich einfache W-Draht (Filament)-Lampen (Wellenlängenbereich 350 bis 800 nm), im UV-Bereich Hochdruck-H2-Lampe (bis 190 nm) bzw. darunter Xe-Dampflampen verwendet werden. Als Fenstermaterialien wird Quarz (bis ca. 200 nm) und darunter Alkalimetallfluoride wie z.B. CaF2 verwendet. Als Monochromatoren werden meistens Gitter, seltener auch Prismen eingesetzt. Die Probe kann alle Aggregatzustände haben. Als Detektoren werden Fotomultiplier, CCD (Charge-Coupled Device, vgl. Digitalkamera!) oder Filme verwendet.

Einige externe Links zu UV/VIS-Spektrometern:

und ein Paar Fotos von UV/VIS-Spektrometern aus der AC (AK Krossing, AK Janiak)
Aussenansicht Innenansicht In-Situ Mess-Stab
Abb. I.2.2. Fotos von UV-Spektrometern in der Anorganik

Die Linienbreiten werden bei Gasen durch die Dopplerverbereiterung verursacht, gegen die Schwingungsverbreiterung kann gekühlt werden. Unter den Banden liegt eine Schwingungsfeinstruktur, die bei der IR-Spektroskopie im Kapitel I.7 betrachtet wird. Hauptursache der riesigen Linienbreiten bei der UV/VIS-Spektroskopie ist die Unschärferelation: Wegen der relativ hohen Energiebereiche der Spektroskopie (hohes ΔE) sind die Relaxationszeiten τ klein, und damit die Linienbreiten δE sehr groß (vgl. Kap. I.1.).

Wellenlängen und Farbeindruck: Bei der Emissions-Spektroskopie entspricht ΔE direkt der beobachteten Farbe, z.B. bewirkt die Na-Doppellinien bei 589.6 und 589.0 nm die gelbe Flammenfärbung. Bei Absorptionsmessungen wird die jeweilige Komplementärfarbe sichtbar. Daher erscheint z.B. das Hexaquatitan(III)-Ion [Ti(H2O)6]3+, ein d1-Ion mit einem d-d-Übergang bei ca. 500 nm rotviolett (s. Abb. I.2.2.). Java-Applets zu Absorption, Emission und Filter:

Prinzip der UV/VIS-Spekroskopie ist die Anregung von Elektronenzuständen in

Abb. I.2.3. Spektrum und Farbeindruck bei (scharfen) Banden- und (breiten) Band-Band-Übergängen ‣ PDF

Frank-Condon-Prinzip: Da Elektronen-Übergänge so schnell ablaufen, dass Schwingung (d.h. Bindungslängenänderung) während der Übergänge nicht bemerkbar sind, ist in den Spektren eine Schwingungsfeinstruktur und ev. Rotationsfeinstruktur beobachtbar, die real jedoch ohne Bedeutung ist, da die Linienbreiten wegen der Unschärfe-Relation extrem breit sind.

Das quantenmechanische Basisproblem der UV/VIS-Spektroskopie sind die Fragen (vgl. PC-II), die auch für den Atombau (Atomorbitale) bzw. die chemische Bindung (Molekülorbitale) zu beantworten sind:

Der Ansatz ist die zeitunabhängige Schrödingergleichung (Energie-Eigenwertproblem der Elektronen): Ĥψx=Eψx Der Hamilton-Operator besteht hierbei aus einem Beitrag der kinetischen Energie (Bewegung des Elektrons) und einem Coulomb-Term (Anziehung des Elektrons durch den Kern): E=Ekin.+Epot Die Berechnung der Elektron-Elektron-Wechselwirkung (Abstossung) ist besonders kritisch, das Problem ist bei realen Atomen (außer H) nicht geschlossen lösbar. Je nach Atom/Molekül bzw. Elektronen-Zahl werden diverse Näherungen verwendet.

2. Einfache Atomspektren (H, Alkalimetalle, He)

Als Lösung dieses Eigenwertproblems ergeben sich jeweils quantisierte Eigenenergien und Eigenfunktionen, die für Atome mit den bekannten Quantenzahlen (QZ) beschrieben werden: Einfachster Fall ist das H-Atom, ein Elektron im Coulomb-Feld eines Protons: In der einfachsten ersten Näherung, wenn die Energie nur von der Hauptquantenzahl n abhängig ist, erhält man das Bohr-sche Atommodell (vgl. Kap. I.1, Bohr) mit den E-Eigenwerten: En=-2π2 me2h3c n2=-Rn 2 Hier ist R die Rydbergkonstante, die mit 13.6 eV (109 677.85 cm-1) einer Energie im UV-Bereich entspricht. als Auswahlregel für erlaubte Übergänge gilt: Δn=beliebig so dass die typischen komplizierten Atom-Spektren resultieren: ΔE=R (1no2 -1nu2 ) Die charakteristische Bandengruppen (auch Serien genannt) haben eigene Namen: Diese Lösungen sind analog auch noch auf Spektren der Alkalimetalle (ein Valenzelektron) anwendbar.

Bei der Berücksichtigung aller Quantenzahlen muss eine Entwicklung der Elektronenkonfiguration in Mikrozustände vorgenommen werden, die mit den Symbolen 2S+1LJ bezeichnet werden. Spektroskopisch unterscheidbare Mikrozustände werden als Terme bezeichnet (i.A. gleiches S und L, J verschieden). Hierbei ist:

Zu jeder Elektronen-Konfiguration (z.B. H: s1) gehören einer oder mehrere Terme (H: 2S, Dublett-S), die aus einem oder mehreren Mikrozuständen bestehen, die sich nur in J unterschieden. Bei Vernachlässigung der Spin-Bahn-Kopplung (J egal) sind nur Zustände mit gleichem L und S energetisch entartet, Zustände mit unterschiedlichen Termsymbolen haben unterschiedliche Energien. Bei Berücksichtigung der Spin-Bahn-Kopplung (J wichtig, Mikrozustände) sind diese durch J weiter gesplittet (im Fall vom H bleibt allerdings nur 2S1/2).

Praktisch: Bei Mehrelektronensystemen (s. unten bei d-d-Übergängen) ist die Ermittlung der Mikrozustände aus einer gegebenene Elektronenkonfiguration vergleichsweise einfach (Kästchenschemata). Die Bestimmung der (ohne J-Kopplung energetisch entarteten) Termsymbole muß ggf. etwas kompliziert mit den unten besprochenen Prozeduren erfolgen! (s. Vorlage 2.3.). Diese Terme (energie-entartete Mikrozustände) sind letztlich für die Interpretation der UV-Spektren wichtig!

Für die Auswahlregeln (erlaubte elektronische Übergänge) gilt allgemein:

In Tabelle I.2.2. sind als Wiederholung/Zusammenfassung die relevanten Drehimpulse (Bahn-, Eigen- und Gesamtdrehimpuls der Elektronen) und deren Quantisierung zusammengestellt.

Tab. I.2.2. Quantisierung von Drehimpulsen
Drehimpuls d mit Quantenzahl d
Quantelung Bahn- Eigen- Gesamt-
Betrag |l | =l (l +l )ħ |s | =s (s +s )ħ |j | =j (j +j )ħ
mit l=0,...,(n-1) mit s=±12 mit j=|l+s|, ...,|l-s|
Richtung |lz |=mlħ |sz |=ms ħ |jz |=mj ħ
mit ml= -l, ... ,+l mit ms=±12 mit mj=-j, ... ,+j
Energien: E=mdhν
Zahl der Zustände: 2d+1

Für die Energien elektronischer Übergänge sind damit außer der Hauptquantenzahl n die im folgenden genannten Beiträge/Wechselwirkungen aus Drehimpulsen wichtig (s. Spalten der Tabelle I.2.2. bzw. Farbkodierung). Die allgemeinen Energie-Beträge der 2d+1 verschiedenen Zustände sind dabei E=mdhν wobei d für die drei im folgenden genannten Drehimpulsquantenzahlen steht und mD die Richtungsquantelung beschreibt. Am einfachsten Beispiel eines Mehrelektronensystems, dem Helium, sind diese Energieaufspaltungen durch Drehimpulsbeiträge in Abbildung I.2.4. dargestellt. Die Auswahlregeln werden jeweils erwähnt.

Abb. I.2.4. Termschema von Helium (Farbkordierung s. auch Tab. I.2.2.) ‣ SVG
  1. Die Bahndrehimpuls- oder Neben-Quantenzahl l (1. Spalte der Tabelle I.2.2.),
    die die Werte l = 0, ... (n-1) annehmnen kann und aus der entsprechend die Bezeichnungen s-, p-, d-, f-Zustände folgen, beschreibt bekanntlich die Orbital-Form (Symmetrie) bzw. die Zahl der Knotenflächen der Wellenfunktion. Die Bahndrehimpuls-Quantenzahl findet sich also im großen Buchstaben des Termsymbols 2S+1LJ kodiert. Der Wert von l beeinflußt die Eigenenergien und bewirkt eine Feinstruktur in den UV/VIS-Spektren. Beispielsweise sind 2s- und 2p-Zustände energetisch nicht entartet, sondern sie liegen bei unterschiedlichen Energien (s. 1. Aufspaltung im He-Schema in Abb. I.2.4). Der Grund hierfür ist die unterschiedliche Coulomb-Wechselwirkung von Kern-näheren s- und Kern-ferneren p-Elektronen, die dazu führt, daß die Eigenenergien von s-Zuständen geringer sind als die von p-Elektronen. Die Eigenenergien hierzu sowie die erlaubten Werte für den Bahndrehimpuls sind in Tabelle I.2.2. mit angegeben. Die Länge des Drehimpulsvektors (Betragsquantelung) kann die Werte |l | =l (l +1 )ħ annehmen.


    Einschub: Dagegen beschreibt die magnetische Quantenzahl die Orientierung des Bahndrehimpulses im Magnetfeld. Energie-Unterschiede treten nur in äusseren Feldern, d.h. bei der NMR- und ESR-Spektroskopie auf. Die magnetische Quantenzahl kann bekanntlich die Werte ml = -l, ... , 0, ..., +l, d.h. ebenfalls wieder insgesamt 2l+1 Werte annehmen. Wenn der Betrag des Drehimpulses feststeht, ist nur noch eine Komponente (lz) des Vektors frei gewählt werden. lz ist ein ganzzahliges Vielfaches von ħ |lz |=mlħ Die Werte für ml sind wieder abhängig von l unterschiedlich:
    • l=0, s-Zustände: keine Ausrichtung möglich, da kein Bahndrehimpuls vorliegt.
    • l=1, p-Zustände: 3 Richtungen (px, py, pz)
    • l=2, d-Zustände: 5 Richtungen (d-Orbitale)
    • l=3, f-Zustände: 7 Richtungen (f-Orbitale)

    Als Auswahlregel für Übergänge zwischen Zuständen mit unterschiedlichen Bahndrehimpulsquantenzahlen ist: Δ l=±1 (Laporte-Verbot)
    Die Konsequenz des Laporte-Verbots ist, daß Übergänge zwischen Zuständen mit gleichen Nebenquantenzahlen nicht erlaubt sind. Hierzu gehören z.B. auch die d-d-Übergänge in Übergangsmetall-Kationen!
    Als Beispiel ist in Abb. I.2.5. das vereinfachte (ohne Spin-Bahn-Kopplung, s.u.) Termschema von Li (Einelektronensystem) wiedergegeben (vgl. PC-Vorlesungen).

    Abb. I.2.5. Termschema von Lithium, mit erlaubten elektronischen Übergängen ‣ SVG
    Die rote Flammenfärbung (Hauptlinie im VIS-Spektrum) von Li ist auf den Übergang bei 670.8 nm zurückzuführen, der zwischen den folgenden Zuständen erfolgt: Dieser Übergang ist damit erlaubt, da Δ n beliebig, Δ l=1 erfüllt und Δ J = 0 oder 1) erlaubt ist. Im realen Spektrum findet man (aufgrund des j-Splitting) ein Dublett aus nahe beieinander liegenden Linien Vorsicht: Bitte nicht versuchen, die Reihe Li-Na-K-Rb-Cs auf Basis der Li-Flammenfärbung verstehen zu wollen!!!
  2. Der Gesamtspin Eigendrehimpuls-Quantenzahl S (2. Spalte der Tabelle I.2.2.),
    liefert (nur!) bei Mehrelektronensystemen (z.B. zum ersten mal bei He) ebenfalls einen Beitrag zur Energie, da im Gesamtspin Austausch-Wechselwirkungen der Elektronen untereinander enthalten sind. Eine größere Spin-Multiplizität (2S+1) ist stets energetisch günstiger (vgl. Hund-sche Regel), da keine bzw. weniger Spin-Paarungs-Energie aufzuwenden ist. S ist, kodiert als 2S+1 (Einstellmöglichkeiten des Gesamtspins in Feldern) oben links im Termsymbol 2S+1LJzu finden.
    Eigendrehimpuls: Betrags- und Richtungsquantelung Spinquantenzahl (Spinquantelung) Eigendrehimpuls des Elektrons (Spin) Werte: s = ± 1/2 bei mehr als einem Elektron S = Σ s Betragsquantelung: | \vec{s} | = \sqrt{s(s+1)} ħ Richtungsquantelung: | \vec{sz} | = ms ħ (ms: Spinquantenzahl, mit ms \pm 1/2

    Als Auswahlregel für Übergänge zwischen Zuständen mit unterschiedlichen Gesamteigendrehimpulsquantenzahlen (Gesamtspin S) gilt: Δ S=0 (Spin-Verbot)

    Die Konsequenz des Spin-Verbots ist also, daß optische Anregungen nicht zur Spinumkehr führen. Im Spektrum von Helium führt die Tatsache, daß Übergänge zwischen Singulett- und Triplett-Zuständen Spin-verboten sind, zu zwei Spektrensätze, die man früher als ortho- und para-Helium bezeichnet wurden.

  3. Der Gesamtdrehimpuls j bzw. J (3. Spalte der Tabelle I.2.2.),
    der Spin- (s) und Bahn- (l) Anteile enthält (Spin-Bahn-Kopplung) wirkt sich ebenfalls geringfügig auf die Energie aus (sog. j-Quantelung/Splitting). Ohne Berücksichtigung der Spin/Bahn-Kopplung sind die Mikrozustände mit gleichem L und S (Terme) energetisch entartet. Die Information zu J steht im 2S+1LJ als Indes unten rechts, diese detaillierte Bezeichung nennt man dann einen Mikrozustand. Die Einflüsse von J werden vor allem bei Mehrelektronensystemen sichtbar. Der Gesamtdrehimpuls wird aus dem Bahn- und dem Eigen-Drehimpuls durch Vektor-Addition nach der RS- oder der JJ-Kopplung berechnet (s.o.).
    Gesamtdrehimpuls: Betrags- und Richtungsquantelung} Gesamtdrehimpuls j/J = Addition von Bahn- und Spindrehimpuls: mit entsprechender Quantenzahl j/J erlaubte Werte: j = |l+s|, |l+s-1|, ... |l-s| Betragsquantelung: | \vec{j} | = \sqrt{j(j+1)} ħ mit zulässigen Werten für j: j = |l+s|, |l+s-1|, ... |l-s| Richtungsquantelung: | \vec{jz} | = m_j ħ mit zulässigen Werten für mj: mj = j, ... , -j

    Als Auswahlregel für Übergänge zwischen Zuständen mit unterschiedlichen Gesamtdrehimpulsquantenzahlen J gilt: Δ J=0oder±1

    Damit entstehen bereits bei nur zwei Elektronen (Beispiel He in Abb. I.2.4) schon ohne die Anwendung äußerere Felder sechs verschiedene elektronische Zustände, wenn die Einflüsse aller Drehimpulse auf die Energieniveaus berücksichtigt werden.

Bei den folgenden Betrachtungen wird J ignoriert (Terme statt Mikrozustände!), da Liganden und die damit einhergehende Symmetrienerniedrigung sehr viel wichtigere Einflüsse auf die UV/VIS-Spektren realer anorganischer Atome/Kationen ausüben. Für die in der Koordinationschemie extrem wichtigen d-d-Übergänge ergeben sich hieraus zwei Fragen:

3. UV/VIS-Spektren von Komplexverbindungen

Allgemeines zur Farbigkeit von Komplexen
Die besondere herausragende Eigenschaft von Komplexen ist die Farbigkeit. Entsprechend enthalten die UV/VIS-Spektren viele Informationen über die chemische Bindung in Komplexen. Je nach Art des Übergangs müssen unterschiedlich komplexe Beschreibung der chemischen Bindung in Komplexen verwendet werden, wie z.B. Vor der Betrachtung dieser Details sollen einige allgemeine Regeln für erlaubte Übergänge (Auswahlregeln) erwähnt werden, die allgemein für Moleküle gelten, z.T. aber auch von den Atomen (s.o.) schon bekannt sind. Die Regeln gelten für den Elektronen-Spin (Eigendrehimpuls) bzw. die Orbitaleigenschaften (Bahndrehimpuls): Die folgenden zwei Orbitalauswahlregeln gelten streng nur für Moleküle mit Inversionssymmetrie: Aus diesen Auswahlregeln folgen die jeweiligen Bereiche der Intensitäten, d.h. die logarithmischen molarer Extinktionskoeffizient ϵ z.B. für d-d-Übergänge: Keine reinen d-d-Übergänge wie z.B. CT-Prozesse liegen dagegen bei Die möglichen elektronischen Übergänge in Komplexen, die nach diversen Modellen/Näherungen für die Bindung in Komplexen beschrieben werden, sind in Abb. I.2.6 (im MO-Schema) zusammengestellt:
Abb. I.2.6. Elektronische Übergänge in Komplexen ‣ SVG
Danach lassen sich grundsätzliche unterschieden:
  1. L-L-Übergänge
  2. L-M-Übergänge
  3. M-L-Übergänge
  4. metallzentrierte (d-d)-Übergänge
  5. Intervalenzübergänge (braucht mehrere Metallzentren mit Brücke)
Im Folgenden sind für alle diese verschiedenen Arten elektronischer Anregung in Koordinationsverbindungen jeweils typische Beispiele angegeben:
  1. Ligand-Ligand-(L-L)-Übergänge sind meist Ligand π → π *-Übergänge. Bekannt sind Komplexe mit Porphyrinen (Häm) oder Diacetyldioxim (DADO) als Ligand. (z.B. Ni-Nachweis mit DADO). Diese intra-Ligandübergänge werden deutlich durch die Metall-Zentren beeinflußt, meist kommt es zu einer Verschiebung zu höheren Energien, da das π-System des Liganden energetisch abgesenkt wird.
  2. Ligand-Metall-Charge-Transfer-Übergänge L-M-CT (sog. Metall-Reduktionsbanden) spielen bei Metallen in hohen Oxidationsstufen eine wichtige Rolle. Hier erfolgt ein elektronischer Übergang vom Ligand zum Metall, den man am bekanntesten Beispiel, dem Permanganat-Ion, etwa mit
    [Mn7+O4]- ----> [Mn6+(O)3O-]-
    beschreiben kann.
  3. Metall-Ligand-Charge-Transfer-Übergänge M-L-CT (sog. M-Oxidationsbanden) treten bei Metallkomplexen mit Metallen in den niedrigen Oxidationsstufen auf. Der Elektronentransfer erfolgt vom Metall zum Ligand. Wichtige Komplexe dieses Typs sind bipy-Komplexe, bei denen bei elektronischer Anregung das π*-MO des Liganden populiert wird:
    [TiIIICl3(bipy)] ---> [TiIVCl3(bipy-)]
  4. d-d-Banden haben nur sehr schwache Intensitäten, da sie Laporte-verboten sind. Allerdings gilt das Laporte-Verbot nur beim Vorliegen von Inversionsymmetrie streng (z.B. Oktaedersymmetrie). Diese Übergänge liefern jedoch sehr wichtige Informationen über die Lage und Aufspaltung der d-Zustände, die z.T. noch einfach mit der Kristallfeldtheorie erklärbar sind.
  5. Intervalenzübergänge (IV-CT oder M-M-CT) treten in gemischtvalenten Verbindungen auf (Klassifizierung nach Robin und Day). Es handelt sich quasi um gleichzeitige Redox- und Oxidations-Prozesse. Das bekannteste Beispiel ist das Berliner Blau mit einem Valenzwechsel zwischen Fe2+ und Fe3+ innerhalb des Cyanid-Komplexgerüstes. Bedingung für das Auftreten von Farbigkeit durch Gemischtvalenz ist, daß beide Metall-Kationen und Brücken-Liganden gemeinsame Molekülorbitale ausbilden.

d-d-Übergänge
Im Folgenden werden im Detail ausschließlich d-d-Übergänge betrachtet (vgl. Vorlesung Koordinationschemie).
Zunächst ist aus den Atomspektren (Kap. 2.2) bekannt, daß zu jedem Term (d.h. ohne J/Spin-Bahn-Kopplung) eine andere Energie gehört. Damit ist wichtig, wie aus gegebenen Elektronenkonfigurationen diese Terme ermittelt werden können.

Für jeden Term mit einem bestimmtem S und L ist bekannt, daß

gehören. Zu jedem Term gehören damit insgesamt (2S+1)(2L+1) energetisch entartete Mikrozustände (solange das J-Splitting nicht berücksichtigt oder relevant ist).

Die Ermittlung der Termsymbole dieser entarteten Zustände kann nach relativ einfachen Prozeduren erfolgen, die in diesem PDF und in Vorlage 2.3 nochmals angeben sind


Regeln zur Ableitung der möglichen Zustände (Terme) einer Elektronenkonfiguration
  1. Es werden gebildet: ML= i =1nml (i) undMS= i=1n ms (i)
  2. Man erstellt in einer Tabelle für alle Kombinationen von ML und MS alle möglichen Kombinationen von ml und ms der Einzelelektronenzustände (Mikrozustände) zusammen, wobei als Einschränkung
    • das Pauliprinzip nicht verletzt werden darf und
    • physikalisch identische Mikrozustände nur einmal auftreten dürfen.
  3. Man entnimmt der Tabelle die größten Werte für ML und den zugehörigen größten MS-Wert und bildet aus den daraus abgeleiteten L- und S-Werten das Termsymbol. Die Zahl der zu diesem Zustand gehörenden Mikrozustände ergibt sich als Produkt von Spin- und Bahnmultiplizität zu (2S+1)(2L+1).
  4. Die Streichung der Mikrozustände in der Tabelle erfolgt so, dass zu jeder für den abgeleiteten Zustand möglichen Kombination von ML und MS ein Mikrozustand verschwindet.
  5. Mit den verbleibenden Mikrozuständen verfährt man erneut nach 3., bis alle möglichen Terme abgeleitet sind.

und im folgenden an zwei Beispielen demonstriert werden. Die den Verlauf der Energien gibt es zwei verschiedene Arten der Antragung: Vergleichbares gilt für andere dn-Systeme (s. Tab. I.2.4.). Nach dem Loch-Formalismus, d.h. immer Paare dn -- d10-n
Tab. I.2.4.: Terme für die verschiedenen d-Elektronenkonfigurationen
Elektronen-Konfiguration Terme
d1, d9 2D
d2, d8 3F, 3P, 1G, 1D, 1S
d3, d7 4F, 4P, 2H, 2G, 2F, 2 2D, 2P
d4, d6 5D, 3H, 3G, 2 3F, 3D, 2 3P, 1I, 2 1G, 1F, 2 1D, 2 1S
d5 6S, 4G, 4F, 4D, 4P, 2I, 2H, 2 2G, 2 2F, 3 2D, 2I, 2S
Beispiele

4. Band-Band-Übergänge bei Festkörpern

Farbige Festkörper sind als Pigmente (im Anwendungsmedium unlöslich, um Unterschied zum Farbstoff) technisch extrem wichtig. Auch Anwendungen wie z.B. die Solarzelle basieren auf der elektronischen Anregung zwischen Eigenzuständen im Festkörper. Da die Anregung in breite Bänder erfolgt, handelt es sich um Absorptions-Kantenfarben, durch 'Abschneiden' des Spektrums auf der hochenergetischen Seite (blau) sind nur Farbeindrücke von Gelb über Rot bis Schwarz möglich (vgl. z.B. die Farbe von Sulfiden in Abb. I.2.11.).

Gelb 6 GS (Zn,Cd)S Orange 3 RS Cd(S,Se) Rot BS Cd(S,Se)
Abb. I.2.11. Verschiedene Sulfid/Selenid-Pigmente

Die grundsätzliche Fragestellung zur Festkörper-Farbigkeit, die elektronische Struktur von Festkörpern, ist wieder aus der physikalischen Chemie bekannt. Das einfachste quantenchemische Modellsystem ist das Elektron im potentialfreien Kasten, z.B. in einer 1-dimensionalen Kiste der Länge L. Das Eigenwertproblem der Energie ist sehr einfach, da nur die kinetische Energie der Elektronen berücksichtigt werden muß: Für den Operator der kinetischen Energie gilt dabei wegen p = mv und E = 1/2 mv2 für die Energie klassisch E=p22m Nach Einsetzen in die Schrödinger-Gleichung (p̂22 m-E)ψ(x)=0 folgt mit dem Impulsoperator p=ħ δδx für das Eigenwertproblem der Energie: (ħ 22mδ2 δx2 -E) ψ( x)=0

Als Lösungen für das Eigenwertproblem erhält man wieder einen Satz von Energieeigenwerten und Energieeigenfunktionen. Die Eigenwerte E sind proportional zum Quadrat einer Quantenzahl n: E=h2 n28 mL2 mit k=±2πLn =±2πλ wird die Beschreibung unabhängig von der Kastenlänge L: E=ħ 2k22m Die zugehörigen Eigenfunktionen (Wellenfunktionen) sind dann stehende Wellen: ψ=eikx =coskx+i sinkx Da die Zahl der Elektronen sehr groß ist, ist auch k sehr groß und die Zustände liegen energetisch extrem dicht. Damit folgt als graphische Darstellung der Ergebnisse, daß E proportional k2 ist.

Abb. I.2.12. Lösungen von Teilchen im Kasten (mit Kernpotentialen) ‣ SVG

Die Eigenfunktionen selber (Abb. I.2.12. links) sind hier zunächst nicht interessant, es handelt es sich um stehende Wellen mit n-Bäuchen. Ein direkter Vergleich der Lösungen mit der allgemeinen Wellengleichung y=sin2πλx

ist direkt möglich und zeigt die Bedeutung von k; k ...

Die Eigenwerte (Abb. I.2.12. rechts, gestrichelte Linie) sind für die optischen Eigenschaften wichtig: Die Antragung der Eigenenergien E gegen k (die sogenannte Bandstruktur) zeigt den quadratischen Verlauf von E mit k2. Da im Festkörper sehr viele Elektronen vorliegen, ist i.A. nur interessant, wie viele Energieniveaus in einem Intervall liegen (die sogenannte Zustandsdichte oder Density of States, sog. DOS). Das Fermi-Niveau EF entspricht der maximalen Energie, die die nach dem Pauliprinzip in die sehr dicht liegenden Zustände eingefüllten Elektronen einnehmen. Die Konsequenz aus der Lösung des einfachen Modellsystems ist, daß alle Energieniveaus sehr dicht liegen, der Feststoff ist schwarz!

Führt man jedoch bei diesem einfachen 1-dimensionalen Fall ein periodisches Potential der Kerne (Kernabstand: a) ein, dann kommt es für die Eigenfunktionen mit einer 'Wellenlänge' in der Nähe der Gitterabstände (genau bei λ=2a und damit bei k=π/a) zu Streueffekten. Dies läßt sich (physikalisch nicht ganz korrekt) wie in Abbildung I.2.12. erklären: Da das Quadrat der Wellenfunktion ψp die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen beschreibt, liegen in diesem Fall offensichtlich 'günstige' (unten: Kompensation der Ladung der Kerne durch die Elektronen) und 'ungünstige' (oben) Coulomb-Wechselwirkungen vor. Dadurch entsteht an der Stelle k=π/a in der Bandstruktur eine Bandlücke. In der DOS (rechts) gibt es damit Energiebereiche, in denen keine Niveaus liegen. Festkörper sind dann farbig, wenn diese Bandlücken im sichtbaren Bereich des Spektrums, d.h. im Bereich zwischen 3.1. eV (25 000 cm-1) und 1.6 eV (12 500 cm-1) liegen. Es kommt zu Band-Band-Übergänge, im Spektrum wird eine Bandkante beobachtet (s. Abb. I.2.3), das elektromagnetische Spektrum wird von der hochenergetischen Seite abgeschnitten und die Farbeindrücke reichen von Gelb über Rot und Braun bis Schwarz. Abb. I.2.13. zeigt den Verlauf der Bandlücken bei binären Verbindungen gegen die Molmasse.

Abb. I.2.13. Energiebereich der sichtbaren Spektroskopie ‣ SVG

Mit steigender Molmasse (schwereren Elementen) sinkt die Bandlücke, die chemische Bindung wird metallischer, die Bänder werden breiter.

Wie in Atomen, Ionen, Komplexen und Molekülen gibt es auch für die elektronischen Übergänge in Festkörpern 'Auswahlregeln', die mit den Impulsänderungen zu tun haben: Optische Übergänge sind im k-Raum senkrecht, da der Impulseintrag durch elektromagnetische Strahlung nicht zu Impulsänderungen der Elektronen führen kann (Impulserhaltung). So sind beispielsweise nur Materialien mit direkten Bandlücken (Abb. I.2.14.) für die Anwendung als LEDs geeignet.

Abb. I.2.14. Energiebereich der sichtbaren Spektroskopie ‣ SVG

Bei festen Übergangsmetall-Verbindungen mit kleiner Bandlücken sind die elektronischen Strukturen sehr komplex (Hubbard-Mott-Theorie, self-trapping usw.). Hier sind Übergänge aus den in der Bandlücke liegenden d-Zuständen in das Leitungsband möglich, die Farben beispielweise von Übergangsmetalloxiden sind nicht mehr einfach erklärbar.

Inhalt Einleitung I. Spektroskopie II. Beugung III. Bildgebung IV. Sonstige Methoden
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